Wie viel Respektlosigkeit gegenüber einer Berufsgruppe und betroffenen Patienten darf sich Politik eigentlich erlauben?
Nach einer Umfrage im Jahr 2013 haben sich die professionell Pflegenden in Schleswig-Holstein klar und deutlich für eine Pflegeberufekammer ausgesprochen, sodass am 15.07.2015 das Gesetz zur Gründung im Kieler Landtag verabschiedet worden ist. Inzwischen sind, obwohl noch nicht alle erfasst wurden, rund 6.000 Pflegefachpersonen registriert worden, womit ein gutes Plateau für die zukünftigen selbstbestimmten Angelegenheiten geschaffen ist. Doch nun spricht sich die CDU als stärkste Regierungspartei in SH – im Gegensatz zum Bundesgesundheitsminister Gröhe und dem Staatssekretär Laumann von der gleichen Partei – dafür aus, dem unsäglichen Muster aus Bayern zu folgen und einen sogenannten Pflegering zu konzipieren. Die bereits in Gründung befindliche Pflegekammer soll wieder abgeschafft werden. Die ehemals unterstützende Fraktion Bündnis 90/ Grüne scheint plötzlich unsicher geworden und kann sich nicht entscheiden, an dem vor kurzem verabschiedeten Gesetz festhalten zu wollen. Von welchem Irrsinn und von welcher grenzenlosen Ignoranz werden hier Parteien gelenkt?
Dieser Meilenstein einer sinnvollen politischen Entscheidung pro Pflegekammer ist ein Garant dafür, dass
1. eine Berufsordnung entsteht, die von den Pflegenden als Spezialisten ihres Berufes selbst entwickelt und später von ihnen gelebt wird. Mit ihr geht eine ethische Standortbestimmung einher sowie die Definition von beruflichen Standards und Leitlinien.
2. diese so generierten Qualitätsstandards im interprofessionellen Kontext dazu beitragen, dass Gesundheitserhaltung und –förderung sowie die Unterstützung bei chronischen Erkrankungen von Patienten fachspezifisch und nach aktuellen pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgt.
3. notwendige Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung für die Aktualisierung erforderlicher Kompetenzen definiert, angeboten und überprüft werden.
4. Pflegebedürftige und Schwerstkranke wie auch daheim beatmete Patienten von professionell Pflegenden versorgt werden.
Die Ausübung pflegerischer Maßnahmen ist gekennzeichnet von hoch komplexen Strukturen und stellt damit eine hochverantwortliche Tätigkeit dar, für die hochqualifizierte Mitarbeiter benötigt werden.
Vor dem Hintergrund der nahen Zukunft, in der unsere Mitmenschen immer älter und multimorbid sein werden, benötigt Deutschland – und damit auch Schleswig-Holstein – eine Selbstverwaltung, um auch das Ansehen des Berufes zu steigern und damit den dringend notwendigen Nachwuchs zu gewinnen. Junge Menschen wollen in einem gewählten Beruf eine hohe Professionalität mit hoher Selbständigkeit und mit flachen Hierarchien. Auch hier wird die Pflegekammer einen deutlichen Beitrag leisten, um insgesamt eine hohe Qualität der Versorgung von akut und chronisch erkrankten sowie von pflegebedürftigen Menschen zu sichern.
Als Dienstleistungseinrichtung mit hoheitlichen Aufgaben hat die Pflegekammer das Ziel, die sachgerechte, professionelle Pflege für Bürgerinnen und Bürger des jeweiligen Bundeslandes zu sichern.
In diesem Sinne kann und darf es nicht sein, dass die Vertreter der größten Volkspartei professionell Pflegende im Bundesland Schleswig-Holstein zum politischen Spielball werden lassen. Sie lassen unsere Berufsgruppe damit nicht an der Gestaltung des Gesundheitswesens auf Augenhöhe mit den anderen Heilberufen teilhaben.
Verabschiedet vom Vorstand der DGF e.V. am 9.Juni 2017
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Die DGF ist als gemeinnütziger, eingetragener Verein die nationale Interessenvertretung der Fachkrankenpflege und Mitglied im Deutschen Pflegerat, Mitglied der IFNA (International Federation of Nurse Anesthetists) und der EfCCNa (European Federation of Critical Care Nurse
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