Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF) zum Einsatz von Notfallsanitäter*innen in der Anästhesie, in Notaufnahmen und auf Intensivstationen

Der im Gesundheitswesen bestehende Personalmangel ist eines der führenden Probleme im Bereich der Krankenhäuser.

In den klinischen Bereichen Anästhesie, Notaufnahme und Intensivstation werden kritisch, häufig lebensbedrohlich erkrankte Patient*innen behandelt. Die hierzu erforderlichen hochkomplexen Versorgungsprozesse werden primär von Pflegefachpersonen (nach §1 PflBG) und Mediziner*innen gesteuert. Viele Pflegefachpersonen qualifizieren sich zusätzlich durch eine zweijährige Fachweiterbildung, um erweiterte Aufgaben im jeweiligen spezialisierten Bereich zu übernehmen.

Verschiedene Einrichtungen versuchen aufgrund des bestehenden Personalmangels, ausgebildete Notfallsanitäter*innen (NFS) in den klinischen Alltag zu integrieren. Diese für den präklinischen Einsatz ausgebildete Berufsgruppe soll als Ergänzung, teilweise sogar als Ersatz für Pflegefachpersonen in den o.g. Bereichen eingesetzt werden.

Notfallsanitäter*innen absolvieren einen Teil ihrer Ausbildung innerklinisch, sind jedoch primär für die präklinische Versorgung und den Transport von Patient*innen ausgebildet. Die klinischen Ausbildungsabschnitte dienen der Erlernung verschiedener Skills und der Entwicklung ihres Kompetenzprofils unter kontrollierten Bedingungen.

Gemäß Anlage 3 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäter*innen beinhaltet die praktische Ausbildung im Krankenhaus „(…) in allen Funktionsbereichen die Grundregeln der Hygiene und des Infektionsschutzes, Maßnahmen der Krankenbeobachtung und Patientenüberwachung inklusive der dazu notwendigen Geräte, den Umgang mit Medikamenten sowie Maßnahmen zu ihrer Vorbereitung und Applikation, den Ablauf einer allgemeinen Patientenaufnahme sowie der Patientenübergabe, die Dokumentation, den Dienstablauf und die räumlichen Besonderheiten. Die Schülerinnen und Schüler sind in allen Funktionsbereichen zu befähigen, in dem für den Notfallsanitäterberuf erforderlichen Umfang die hierzu notwendigen Maßnahmen zu kennen und selbständig oder unter Anleitung durchzuführen.“ [1]

Die Formulierungen zeigen, dass der klinische Teil der NFS-Ausbildung nicht darauf ausgerichtet ist, eigenverantwortlich in innerklinischen komplexen Versorgungsprozessen tätig zu werden. Der Umfang des klinischen Teils der praktischen Ausbildung beträgt lediglich 720 Stunden und ist damit deutlich geringer als bei Pflegefachpersonen.Aufgaben und Arbeitsweisen in der präklinischen und innerklinischen Versorgung unterscheiden sich gravierend, z.B. hinsichtlich der Fokussierung auf einen oder mehrere Patient*innen, der Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen und der Komplexität der gesamten Versorgung.

Eine Weiterqualifizierung von NFS für die innerklinische Tätigkeit ist an rechtliche Rahmenbedingungen geknüpft und aus unserer Sicht nicht zielführend. Nach §4 PflBG ist es ausschließlich Pflegefachpersonen erlaubt, pflegerische Vorbehaltsaufgaben durchzuführen.

Dazu gehören Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs, Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses sowie die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege. Im PflBG §4 Abs. 3 ist außerdem geregelt, dass Arbeitgeber Notfallsanitäter*innen oder anderen Berufsgruppen, die keine Berufserlaubnis nach §1 PflBG innehaben, die o.g. Aufgaben nicht übertragen dürfen.
Lediglich die Durchführung und Dokumentation pflegerischer Interventionen stellen keine Vorbehaltsaufgabe dar. Daraus folgt, dass Notfallsanitäter*innen zwar delegierte pflegerische Tätigkeiten in den Bereichen Anästhesie, Notaufnahme und Intensivstation durchführen dürfen, aber nicht das hochspezialisierte Pflegefachpersonal ersetzen können.

Des Weiteren ist auch im Rettungsdienst ein messbarer Fachkräftemangel zu verzeichnen.2 Es ist daher nicht sinnvoll den Rettungsdienst personell zu schwächen.

Der derzeitige Personalmangel ließe sich vielmehr durch eine versierte und verlässliche Ausbildung, zielgerichtete, refinanzierte Weiterbildungen, attraktive Arbeitsbedingungen und klare Karrierewege beheben. Kurzfristige Kompensationsversuche führen bestenfalls zur punktuellen Aufrechterhaltung der klinischen Kapazitäten. Langfristig jedoch kommt es zu einer weiteren Verschlechterung der Personalsituation. Um die Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten, müssen pflegerische Aufgaben weiterhin ausschließlich den Pflegefachpersonen vorbehalten sein – vor allem im Hinblick auf die Sicherheit unserer Patient*innen.

[1] NotSan-APrV – Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter. (2013, 16. Dezember). Abgerufen am 1. April 2024, von https://www.gesetze-im-internet.de/notsan-aprv/BJNR428000013.html

2 André Haserück. (2022). Großer Personalmangel. Deutsches Ärzteblatt119(51–52), A-2279 / B-1879. https://www.aerzteblatt.de/archiv/228965/Rettungsdienst-Grosser-Personalmangel

Hier hier zur finden: Stellungnahme zum Einsatz von Notfallsanitäter*innen als PDF.

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