Offener Brief der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF)
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mal wieder so weit. Mit dem Zerbrechen der Regierungskoalition bleiben die „Pflege-Gesetze“, wie schon so oft in den letzten 20 Jahren, auf der Strecke! Jeder spricht davon, dass Pflegefachpersonen mehr können, als sie dürfen, dass Pflegefachpersonen wertschätzende Anerkennung und angemessene Rahmenbedingungen verdienen.
Es ist beeindruckend zu sehen, wie verschiedene Professionen, Kostenträger und Institutionen zusammengekommen sind, um konstruktiv zu diskutieren und gemeinsam an der Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu arbeiten. Ein intensiver Versorgungsforschungsprozess wurde eingesetzt, um erste Meilensteine für eine Neustrukturierung der Aufgabenverteilung im Gesundheitssystem zu erarbeiten, wie sie bereits 2009, 2014, 2023 und ganz konkret 2024 vom Sachverständigenrat (SVR) gefordert werden.
Dabei ging es um klar definierte Verantwortungsübertragung ganzer Aufgabenkomplexe mit der Möglichkeit zur eigenständigen Ausübung von Heilkunde und der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI durch qualifizierte Pflegefachpersonen, sowie dem Einsatz von hochschulisch qualifizierten Pflegefachpersonen auf Bachelor- und Masterniveau, Titelschutz und der Implementierung von Rollen für Advanced Practice Nursing (APN). Auch qualifikationsbezogene berufs- und leistungsrechtliche Neuregelungen – insbesondere zwischen Pflegefachpersonen und Ärzt*innen zur Finanzierung und Kostenerstattung der erbrachten Leistungen wurden bedacht. (vgl. SVR 2014)
Es darf nicht dazu kommen, dass alles kurz vor der Zielgeraden auf Eis gelegt wird. Die bisher geleistete Arbeit, die Zeit, die Kompetenzen und nicht zuletzt die hervorragenden Ergebnisse, die hier eingebracht und erreicht wurden, müssen genutzt und zu einem gesetzlichen Abschluss gebracht werden! Im Rahmen des geplanten Pflegekompetenzgesetzes und APN-Gesetzes haben wir bereits bedeutende Fortschritte erzielt.
Wir stehen an einem dringend erforderlichen Wendepunkt in der Pflege. Die Möglichkeit, gemeinsam mit allen relevanten Akteuren im Gesundheitswesen an innovativen Lösungen zu arbeiten, ist greifbar. Es ist eine einmalige Gelegenheit, das Potenzial der Pflegefachpersonen zu entfalten und ihnen die Anerkennung und die Befugnisse zu geben, die sie verdienen.
Zum Schutz der Bevölkerung muss die Versorgungskontinuität in allen Bereichen des Gesundheitswesens aufrechterhalten werden. Das Potential und die Ressourcen der pflegerischen Profession müssen umfassend ausgeschöpft, reformiert und weiterentwickelt werden. Gerade Pflegefachpersonen leisten einen sehr hohen Anteil der direkten Patientenversorgung und spielen für die Erbringung von sicheren, wirksamen und effizienten Gesundheitsleistungen eine zentrale Rolle. Sie füllen eine Schlüsselposition im Gesundheitswesen aus, die viele Berührungspunkte und Kontaktmöglichkeiten zu anderen, an der Gesundheitsversorgung beteiligten Berufsgruppen, beinhaltet. Um in dieser Position handlungsfähig zu sein, muss die aktive Beteiligung von Pflegefachpersonen mit erweiterten heilkundlichen Kompetenzen in der Leistungserbringung vorangetrieben werden (vgl. WHO 2015).
Darum der Appell der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF) an alle Politiker*innen in der aktuellen und zukünftigen Bundesregierung:
Setzen Sie sich bitte unverzüglich für die Umsetzung angemessener Rahmenbedingungen und Befugnisse der Pflegefachpersonen ein.Bremsen Sie das Pflegekompetenzgesetz und APN-Gesetz nicht aus, sondern bringen Sie es umgehend in die parlamentarische Beratung ein! Wir appellieren an Ihre gesellschaftliche und politische Verantwortung!
Hier schließen wir uns, wie viele andere Pflegefachverbände, dem Votum von Christine Vogler, der Präsidentin des Deutschen Pflegerates an, die bereits direkt nach dem Bruch der Regierungskoalition gefordert hat, das Pflegekompetenzgesetz zeitnah zu verabschieden, damit es nicht zu einer Versorgungskrise mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Folgen kommt (Vogler 2024).
Im Namen der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF)
Dominik Zergiebel Christa Keienburg
Vorsitzender der DGF stellv. Vorsitzende der DGF
Literatur:
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) (2009): Koordination und Integration – Gesundheitsversorgung in einer Generation des längeren Lebens. URL.: https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Sondergutachten_2009/Kurzfassung_2009.pdf
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) (2014): Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche URL.: https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2014/Kurzfassung2014.pdf
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) (2023): Resilienz im Gesundheitswesen – Wege zur Bewältigung künftiger Krisen. URL.: https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2023/Gesamtgutachten_ePDF_Final.pdf
Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege (SVR) (2024): Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource.
Vogler, Ch. (2024): Kompetenzerweiterung erlaubt keinen Aufschub. BIBLIOMEDPFLEGE. URL.: https://www.bibliomed-pflege.de/news/vogler-kompetenzerweiterung-erlaubt-keinen-aufschub Weltgesundheitsorganisation (WHO) (2015): Strategische Leitlinien für das Pflege- und Hebammenwesen in der europäischen Region in Einklang mit den Zielen von Gesundheit 2020. URL.: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/353557/WHO-EURO-2015-5316-45080-64296-ger.pdf
Hier hier zur finden: offener Brief der DGF als PDF.